Bereits vor einigen Monaten haben wir über den Wahlkampf und die Situation in Brasilien berichtet. Vor einigen Tagen fand dann endlich die Wahl statt, das Ergebnis: Stichwahl. Aber wie geht es jetzt weiter?

Wahlergebnisse – ein knappes Rennen

Am 2.Oktober wurde in Brasilien gewählt. Zur Wahl standen zwölf Kandidaten. Bei den Umfragen lag Luiz inácio Lula da Silva, allgemein bekannt als Lula, am Wahltag bei den Umfragen mit 51 % vor dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro mit nur 36 %. Wie erwartet hat Ex-Präsident Lula zwar den ersten Wahlgang mit 48,4% der Stimmen für sich entschieden. Jedoch konnte er die absolute Mehrheit nicht erzielen, weshalb am 30.Oktober die Stichwahl zwischen ihm und Bolsonaro, der 43,2% der Stimmen erhielt, stattfindet. Der Vorsprung von Lula beträgt damit nur gut fünf Prozent oder rund sechs Millionen Stimmen.

Wahlkampf noch lange nicht vorbei

Photo by Andressa Anholete/Getty Images

Die beiden Kandidat*innen, die bei den Wahlen auf dem 3. und 4. Platz landeten, Simone Tebet (PSDB) mit 4,2% und Ciro Gomes (PDT) mit 3% der Stimmen, haben inzwischen ihre Unterstützung für Lula bekannt gegeben. Der Wahlkampf ist aber noch lange nicht vorbei. Lula, der sich optimistisch und gelassen zeigt, versprach bereits den Wahlkampf zu intensivieren. Das heißt er will mehr Reisen und mehr Auftritte. Nun versucht Lula auch Evangeliker und Unternehmer für sich zu gewinnen. Er traf sich mit bekannten Wirtschaftschefs und hörte auf sich für Abtreibung und Frauenrechte auszusprechen. Bolsonaro selbst gibt sich immer noch trotz allem siegessicher und schlägt eine andere Richtung ein. Jetzt versucht er Teile Lulas Wählerschaft von sich zu überzeugen. Lula hat seine größte Unterstützerbasis im armen Nordosten und unter den Menschen mit einem geringen und mittleren Einkommen. Bolsonaro gewann dagegen im Süden und Westen, sowie auch in seiner Heimatstadt São Paulo. Nun versucht Bolsonaro die Haushalte mit geringen Einkommen für sich zu gewinnen, in dem er eine faire Sozialpolitik verspricht. Direkt nach der Wahl am 2. Oktober zog seine Regierung die Auszahlung von Sozialleistungen vor. Die Familienhilfe etwa wird im Oktober eine Woche früher als vorgesehen ausgezahlt. Linke Parteien kritisierten dies als Versuch des „Stimmenkaufs“ vor der Stichwahl am 30. Oktober.

Misstrauen und Verschwörung 

REUTERS/Mariana Greif

Seit Monaten schon schürt Bolsonaro Zweifel an Umfragen, Medien und auch am Wahlsystem. Sollte Bolsonaro die Stichwahl verlieren, dann muss Betrug dahinter stecken, davon sind mittlerweile viele seiner Anhänger überzeugt. Für die Unzuverlässigkeit der Wahlurnen oder einer angeblichen Verschwörung gegen den Präsidenten gibt es aber keine Beweise. Bis zuletzt ließ er – wie einst Donald Trump – offen, ob er eine Niederlage an den Urnen akzeptieren würde. Eine Machtübergabe werde es «nur nach sauberen Wahlen» geben, erklärte Bolsonaro mehrfach.

Superwahljahr“ 2022

Wie 2018 befindet sich Brasilien dieses Jahr in einem “Superwahljahr”. Alle vier Jahre finden neben der Präsidentschaftswahl auch die Gouverneurs- und Parlamentswahlen statt. Die brasilianische Bevölkerung war dazu aufgerufen, 27 Senatorinnen und Senatoren, 513 Bundestagsabgeordnete und 27 Gouverneurinnen und Gouverneure zu wählen. Die PL (Partido Liberal), Bolsonaros Partei,  konnte dabei ihre Vormachtstellung ausbauen. Sie ist mit 98 gewählten Abgeordneten und 12 Senatoren nun die stärkste Fraktion der kommenden Legislaturperiode sein. Auch die PT (Partido dos Trabalhadores), Lulas Partei, gewann 12 Sitze im Abgeordnetenhaus und 2 im Senat hinzu. Das Parlament wird trotzdem ab 2023 vor allem von konservativen Kräften dominiert werden. Damit rückt Brasilien nach rechts – unabhängig von seinem künftigen Präsidenten. 

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