Fröhliches Gelächter schallt uns entgegen, als wir am Sonntag, den 01.10.2023 den Pavillon im Nordkolleg betreten. Als wir hereinkommen, stimmen gerade ungefähr fünfzig ehemalige Herderschüler und Chormitglieder „Seasons of love“ gemeinsam im Chor an. 

Was ist passiert?

Heute fand, erstmalig seitdem der Schulchor 2008 gegründet wurde, eine sogenannte Chorparty statt. Aus den Abijahrgängen 2015-2023 haben sich diejenigen, die damals im Chor gesungen haben verabredet, um sechs Stunden lang Lieder im Chor zu singen, die viele noch aus ihrer Schulzeit kennen. Doch nicht nur das gemeinsame Musizieren steht hier im Vordergrund, sondern auch das Wiedersehen nach langer Zeit. „Es ist sehr schön und gleichzeitig nostalgisch, alle wiederzutreffen“, sagt uns Susanne, die 2015 an der Herderschule Abitur gemacht hat.

Wie kam es dazu?

„Können wir nochmal eine Chorparty machen?“ Diese Frage hörte Frau Schmidt so oft, dass sie entschied, sich mit einigen Ehemaligen in Verbindung zu setzen, um eine Zusammenkunft des Ex-Chores zu planen. Und so wurden aus jedem Jahrgang einige informiert, die dann wiederum allen schrieben, zu denen sie noch Kontakt hatten. So entstand eine WhatsApp-Gruppe, in der dann Details wie Programm oder Location diskutiert wurden. Weil unsere Aula für Externe eigentlich nicht zugänglich ist und außerdem der Umbau bevorsteht, musste eine Alternative her. Weil ein Teil der Chormitglieder ihre Chorleiterprüfung am Nordkolleg absolvierten, bestand das Angebot, die Räumlichkeiten dort für Proben zu nutzen.

So war die Stimmung

Dazu passt definitiv der Satz „man muss dabei gewesen sein“, denn die Dynamik ist kaum beschreibbar. Die Atmosphäre vor Ort war, als würde man einer ganz großen Gruppe Freunden zuschauen. Obwohl Chormitglieder aus acht verschiedenen Jahrgängen da waren, konnte man das nicht heraus sehen. In den Pausen hat jeder mal mit jedem nette Worte gewechselt und alle schwelgten in Erinnerungen von gemeinsamen Proben, Auftritten oder Chorfreizeiten. Diese Harmonie haben sie mit in die Musik genommen. Beim Singen waren alle hoch konzentriert und wenn mal etwas schief ging oder ein Einsatz verpasst wurde, gab es ein Lachen und das Lied wurde nochmal angestimmt. Man hat gemerkt, dass alle gerade eine Leidenschaft teilen und vor allem Spaß haben. So sagte uns auch Frau Schmidt „dieses ganze Chording, das ist eine innige Verbundenheit“,  und das hat man definitiv gemerkt.

Auf die Frage, wie es sich anfühlt, einige nach so langer Zeit wiederzusehen fiel oft das Wort „nostalgisch“. Außerdem sagte uns Ole: „Es ist merkwürdig, alle wiederzusehem, weil viele auf einmal erwachsen sind und manchmal dauert es auch, bis man jemanden wiedererkennt“. Auch die Freude, alte Freunde zu sehen, die man aufgrund von Studium oder Ausbildung länger nicht gesehen hat, war vielen anzusehen.

Phoebe, die auch in ihrer Schulzeit bei der Weissen Brücke war und jetzt die Chorparty mitorganisiert hat, hat sich bereit erklärt für uns in einem Gastbeitrag ihre Sicht auf die Veranstaltung zu schildern. Freut euch also auf die folgenden Zeilen!

Als am Tag der Chorparty mein Handy um 7:30 klingelt, bereue ich fast, dass ich mich zum Aufbau bereit erklärt habe. Innerhalb der Semesterferien an einem Sonntag
schon um neun vor Ort zu sein, hätte ich mir ja vorher denken können, dass die Idee im Vorhinein deutlich besser sein würde als im Moment. Trotz der Müdigkeit gewinnt aber — selbst vorm ersten Kaffee — ein anderes Gefühl die Überhand, was sich schon in den letzten Wochen schleichend angenähert hatte: eine beinahe kribbelnde Aufregung, eine Vorfreude, die den Bauch fast platzen lässt. Ich habe 2019 mein Abitur gemacht; gerade so vor Corona, gerade so, dass mein Auslandsjahr 2020 abgebrochen werden musste und mein Studium mit Abstandsregeln und Zoom Meetings anfangen durfte. Seitdem muss ich ehrlich gestehen, dass ich vom Schulalltag wenig vermisse. Die eine Ausnahme: der Chor. Acht Jahre lang, meine ganze Zeit an der Herderschule, habe ich im Chor mitgesungen. Acht Jahre lang bei jedem Konzert auf der Bühne gestanden (sogar einmal, zwei Wochen nachdem mir die Weisheitszähne entfernt wurden, noch mit dicken Backen aber umso mehr Begeisterung). Acht Jahre lang jede Woche zu den Proben gegangen; dort Kekse gegessen, gelacht, gesungen, was das Zeug hielt. Freunde gefunden, die bis heute meinen Weg begleiten. Die Gemeinschaft, die den Chor zu so etwas Besonderem gemacht hat, lässt sich schwer beschreiben. Vielleicht könnt ihr euch das so vorstellen: 60 Menschen, zum Teil älter als ihr selbst, zum Teil wesentlich jünger; alle mit unterschiedlichen Interessen, alle mit unterschiedlichen Zielen. Doch auf der Bühne seid ihr alle Eins. “We’re just one big family”, so heißt es bei “I’m Yours” von Jason Mraz, einem meiner Lieblingslieder aus unserem Chorrepertoire, und so habe ich mich immer in dieser Gruppe aufgehoben gefühlt.

Jetzt, vier Jahre seitdem ich das letzte Mal mit diesen Menschen gesungen habe, ist das Gefühl immer noch genauso präsent wie damals. Es fühlt sich einfach an, als seien wir alle verbunden; durch die Musik, die wir zusammen machen, aber auch durch die gemeinsamen Erlebnisse, die wir alle teilen. Während nach und nach immer mehr Ehemalige antreffen, ist es zunächst für mich so, als würden sich zwei Bilder überlagern: Das Bild der Menschen, wie ich sie in meiner Erinnerung trage und das Bild von ihnen, wie sie jetzt sind. Ich höre auch erstaunte Ausrufe; bist du das wirklich? Krass, haben wir uns lange nicht gesehen. Was machst du jetzt mit deinem Leben? Bist du immer noch in Rendsburg? Der aufgeregte Klang der Stimmen summt durch den großen Raum. Wir kleben uns Namensschilder auf; man kann ja gar nicht alle kennen, aber irgendwie kennt man dann doch alle.

Doch schon nach einem Moment dieser Dissonanz ruckt sich das Bild zurecht. Wir nehmen unsere Plätze ein. Um das Klavier herum: Männer in der Mitte, Alt links, Sopran rechts, und es fühlt sich an, als wäre kaum Zeit vergangen seit der letzten Probe. Auch Frau Schmidt muss lachen: natürlich waren Nils und Friedi beim Aufbau dabei, natürlich quatscht Peer mal wieder mit seinen Sitznachbarn (wobei dieser belustigt zurückgibt, dass er immerhin zu dieser Veranstaltung nicht zu spät gekommen sei). Wir sind alle älter geworden, aber manches ändert sich eben nie. Noch überraschter sind wir, dass auch das Singen sich nicht verändert hat. Obwohl wir anfangs nur mit der Erwartung, alle zusammen die Melodiestimme zu singen, in den Tag gestartet sind, weitet sich schon beim ersten Stück der Klang unerwartet aus, und plötzlich ist der Raum gefüllt von Harmonien. Auch dieses Gefühl muss man, glaube ich, erleben, um es zu verstehen: Wie wundervoll und unerwartet es sein kann, wenn aus Worten und Tönen plötzlich Musik wird. Sechs Stunden gehen viel zu schnell um. Wir singen Lied um Lied, bis meine Stimme ganz heiser wird von der ungewohnten Last, tauschen uns in den Pausen aus, tanzen mit Viola, machen ein Vorstellungs-Blitzlicht mit Hanna, bedienen uns am großzügigen Naschi Buffet, und alles fühl sich einfach richtig an. Um 16:00 ist die Veranstaltung offiziell vorbei, doch es fällt allen schwer, sich loszureißen, wir sitzen noch und unterhalten uns über das Leben, die Welt, die Musik. Eins ist klar: es besteht Wiederholungsbedarf, und nicht erst wieder in vier Jahren.

​

Als ich um 17:00 das Gelände wieder verlasse, winkt mir von der gegenüberliegenden Wand ein Plakat des Schleswig-Holsteinischen Musikfestivals entgegen, so passend, dass es fast ironisch wirkt: “Let’s make music with friends!” Ich muss lächeln. Glücklich und erfüllt fahre ich nach Hause. In meinem Kopf rauscht immer noch der Klang unserer Stimmen.

Wenn ihr auch irgendwann mal als Ehemalige bei so einer Chorparty dabei sein wollte, müsst ihr nur jetzt dem Chor beitreten. Freitags 7. Stunde findet der Junior Chor und 8.-9. Stunde der Schulchor statt. Kommt einfach mal zum Reinschnuppern vorbei!

Definitiv Wiederholungsbedarf

Bis auf eine jahrgangsbezogene Chorparty im Jahr 2018 fand diesen Sonntag das erste mal ein solches Zusammentreffen mit dem ehemaligen Chor statt. Dass so viele erscheinen würden damit haben viele mit denen wir gesprochen haben nicht gerechnet, doch es bestätigt eines: Die Chorparty hat Wiederholungsbedarf! Alle bestätigten uns, dass sie sofort wieder mitmachen würden, wenn ein gemeinsames Singen geplant ist.