„Utopie auf Zeit“ – so beschrieb mein Akademieleiter Stefan Neubert die Quantenakademie. Ich hatte in den Sommerferien die tolle Chance 16 Tage auf dieser Akademie in Jülich zu verbringen und dort Mathe und Physik zu machen und mich insbesondere mit Quanten zu beschäftigen. Allen Teilnehmern wurde schnell klar, dass Stefan mit seiner Aussage recht hat.

Was sind Schülerakademien?

Schülerakademien sind ein Angebot von Bildung und Begabung in Deutschland. Dabei handelt es sich um Feriencamps, an denen engagierte oder begabte Schülerinnen oder Schüler teilnehmen können. Meistens werden diese von der Schule vorgeschlagen. Dabei gibt es pro Akademie verschiedene Kurse zu ganz verschiedenen Themen. Dort lernt man mehrere Stunden am Tag zusammen mit den anderen Kursteilnehmenden spannende Dinge. Zusätzlich kann jeder außerhalb der Kurszeiten kursübergreifende Angebote (KüAs) anbieten, in denen man Sport macht, musiziert, kreativ ist, Spiele spielt oder das macht, was einem gerade so einfällt.

Q2 mit Cauchy-Schwarz und Partieller Integration

Warum ist das Wasserstoffatom eigentlich stabil? Da der Atomkern positiv geladen ist, müsste das negative Elektron in der Schale doch eigentlich in den Kern hinein fallen? Aber warum das nicht passiert, habe ich mit meinem Kurs Q2, einem von insgesamt vier Kursen, mathematisch bewiesen. Dafür braucht man aber leider ein bisschen mehr Mathematik, als das, was man in der Schule lernt. Deswegen mussten alle 16 Kursteilnehmer vor der Akademie einen mathematischen Vortrag vorbereiten. Eigentlich war vorgesehen, dass jeder Vortrag 30 Minuten dauert. Aber ich glaube diese Vorgabe wurde nicht einmal eingehalten.

Dennoch waren die Vorträge eine gute Möglichkeit, alle auf eine Augenhöhe zu bringen. Jeder hat jedem geholfen und teilweise hat man sich auch noch mehrere Stunden nach dem Kurs Dinge erklärt, die man noch nicht verstanden hat. Auch meine beiden Kursleiter Jan und Jonas, die Mathematik und theoretische Physik studiert haben, waren immer für Fragen offen. Selbst beim Mittagessen und bei ihren Pausen haben sie uns weiterhin Dinge erklärt und uns ermutigt, falls wir mal etwas nicht verstanden haben. Wir sind ihnen alle sehr dankbar, für das, was sie uns fachlich und pädagogisch mit auf den Weg gegeben haben.

Allerdings waren wir alle manchmal auch etwas verloren, wenn uns Jan erklärt, dass alles, was wir gerade machen ja nur partielle Integration sei. Zudem hat uns auch immer die Cauchy-Schwarz-Ungleichung in jeglichen Situationen begleitet. Egal, ob wir jetzt die Heisenbergsche-Unschärferalation oder die Hardy-Ungleichung bewiesen haben, Cauchy-Schwarz mussten wir immer benutzen.

Der Zusammenhalt im Kurs war groß

Auch solche Witze haben dazu geführt, dass unser Kurszusammenhalt von Tag zu Tag gewachsen ist. Irgendwann haben wir uns alle gegenseitig die Nägel blau lackiert. An manchen Tagen wurde es so spät, dass spannende Diskussionen darüber entstanden sind, dass jedes Stück Lasagne eine Teilmenge der Urlasagne ist. Egal wie spät es war, irgendein Beweis musste trotzdem noch geführt werden.

Aber da wir aufgrund der langen Vorträge am Anfang irgendwann zeitlich im Verzug waren, aber noch unbedingt lernen wollten, wie man mithilfe der Schrödinger-Gleichung die Orbitale vom Wasserstoffatom berechnet, haben wir teilweise noch bis fünf Uhr morgens gearbeitet. Denn über die Zeit hinweg ist auch eine Dokumentation entstanden, bei der wir alles aufschreiben mussten, was wir im Kurs gelernt haben. Wir haben uns dann alle gemeinsam als Kurs dazu entschieden, diese Dokumentation abends zu schreiben, um die Zeit vorher besser zu nutzen. Das hat dann aber doch etwas länger gedauert, als erwartet und uns trotzdem alle zusammengeschweißt.

Mathe verfolgt uns auf Schritt und tritt

Aber nicht nur im Kurs haben wir Mathe gemacht. Eine der beliebtesten KüAs war auch die Mathe-KüA. Ob Knobelaufgaben lösen oder unsere Kursleiter uns noch mehr Dinge erklären, diese KüA stand immer auf dem Pflichtprogramm. Aber auch die täglichen Akademierätsel wurden teilweise noch bis spät in die Nacht versucht zu lösen.

Eine andere beliebte Aktivität war die Schlaf-KüA. Von Anfang an wurden wir davor gewarnt, dass Schlafmangel auf Akademien weit verbreitet ist. Das mussten wir am eigenen Leib erfahren. Durch Schach, Spiele oder Diskussionen bis spät in die Nacht haben wir meist nur ein paar Stunden Schlaf pro Nacht bekommen. Diese wurden dann nach dem Mittagessen im Kursraum mit Kissen und Decken wieder nachgeholt.

Zusätzlich haben wir aber auch versucht kreativ zu sein. In der Tanz-KüA haben wir Hip-Hop und K-Pop getanzt und beim Chor auch ein paar französische Lieder gesungen. Dennoch hat man gemerkt, dass es sich bei der Quantenakademie um eine Akademie mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt handelt. Beim Abschlusskonzert waren wir ungefähr zehn Leute im Chor. Spaß gemacht hat es trotzdem.

Die Zeit ist schwer zu beschreiben

Die Atmosphäre auf der Akademie ist schwer in Worte zu fassen. Zwar lernt man den ganzen Tag, aber das ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was in der Schule passiert. Vielmehr haben wir alle miteinander und voneinander gelernt. Alle hatten so viel Spaß dabei, etwas Neues zu lernen und die Passion der anderen zu sehen war sehr beeindruckend. Wenn ein Kursleiter zwischen 22:00 und 24:00 noch einen Vortrag über die String-Theorie gehalten hat, standen alle Teilnehmenden auf der Matte. Beim Konzert haben mir meine Freunde aus dem Kurs ein Plakat gemalt, was sie immer hoch gehalten haben, wenn ich auf der Bühne stand. Manchmal hat man über total verrückte Themen diskutiert, was sich um drei Uhr nachts zu einer ziemlichen Psychose entwickelt hat. Am Ende haben wir alle die Wörter „intuitiv“ und „trivial“ die ganze Zeit benutzt, weil das unsere Kursleiter immer gesagt haben. Alle waren immer positiv und motiviert und sehr verständnisvoll, bei allem was man erzählt hat.

Wir haben in diesen 16 Tagen sehr viel gelernt und es hat uns sehr zusammengeschweißt, gemeinsam unserer Leidenschaft nachzugehen. Ich werden die Leute und die Atmosphäre dort sehr vermissen. Wirklich erklären, was so auf einer Akademie passiert ist schwer. Das muss man erleben.

 

 

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