Nach dem Bruch der Ampelkoalition und der gescheiterten Vertrauensfrage wurde klar: Eine neue Regierung muss her. Nach einigen hektischen Monaten des Wahlkampfes war es dann so weit. Am 23. Februar hat Deutschland nun also den Bundestag für die neue Legislaturperiode gewählt. Die Ergebnisse sind für manche schockierend, für andere ein Grund zum Jubel. Wie konnte das alles passieren?

 

Das Ende der Ampelkoalition

Nach langjährigen Konflikten innerhalb der Ampel-Regierung (SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen) verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz schließlich am Abend des 6. November 2024 den Rücktritt von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Der endgültige Bruchpunkt war die Forderung Scholz‘, die Schuldenbremse auszusetzen – eine Forderung, der Lindner nicht nachkommen konnte.

Tatsächlich hatte es in der FDP schon länger die Idee gegeben, die Regierung zu verlassen, da die FDP schnelleres Wirtschaftswachstum forderte, als die Grünen und die SPD auf ökonomischer Ebene für tragbar hielten. Dies belegt unter anderem ein FDP-Konzeptpapier, welches Der Stern bereits einige Tage vor dem Koalitionsbruch am 1. November veröffentlichte. Zudem veröffentlichte die FDP das sogenannte „D-Day“-Papier, in welchem anscheinend bereits Monate im Voraus das Ende der Koalition geplant wurde. Dessen Inhalte wurden jedoch von führenden FDP-Persönlichkeiten zumindest teilweise abgestritten.

Nach Lindners Rücktritt verlief die Situation nicht glatt; sowohl Lindner als auch Scholz gaben jeweils dem Anderen die Schuld am Ampel-Aus. Zusammen mit Lindner verließen auch fast alle FDP-Abgeordneten ihre Posten in der Regierung. Die einzige Ausnahme stellte dabei Verkehrsminister Volker Wissing dar, der stattdessen die FDP verließ.

Daraufhin wurde die Vertrauensfrage für den 15. Januar 2025 angesetzt. Bei dieser handelte es sich jedoch eher um eine Formalität. Das Vertrauensvotum fiel negativ aus und die Neuwahlen wurden für den 23. Februar angekündigt.

 

Gewinner und Verlierer

Die Ergebnisse dieser Wahl sind Vieles – aber gewöhnlich sind sie auf jeden Fall nicht. Drei der sieben stärksten Kräfte in der Wahl haben Stimmenverluste zu verzeichnen. Das wären die SPD (16,4%) mit 9,3% weniger als in der vorherigen Wahl, die Grünen (11,6%) mit einem Verlust von 3,1% und schließlich auch die FDP mit einem Stimmverlust von 7,1%. Mit nur 4,3% scheiterte die FDP an der 5%-Hürde und findet somit keinen Platz im Bundestag.

Auch das Bündnis Sarah Wagenknecht scheitert nun in seiner ersten Bundestagswahl an der Mindestquote mit ca. 13.400 fehlenden Stimmen. Das BSW erwägt nun eine juristische Anfechtung der Wahl auf Basis mutmaßlich fehlender Briefwahlstimmen.

Die CDU (28,5%), AfD (20,8%) und auch die Linke (8,8%) haben jedoch mehr Stimmen zu verzeichnen. Der größte Gewinner ist hier die AfD, die nun eine Steigerung von 10,4% verzeichnen kann. In allen fünf ostdeutschen Bundesländern ist die AfD nun sogar stärkste Kraft. Die CDU kann sich über 4,4% mehr Wähler freuen. Auch die Ergebnisse der Linken – die in der letzten Legislaturperiode an der 5%-Hürde scheiterte und nur durch Direktmandate in den Bundestag einzog – haben sich um 3,9% gesteigert.

Ein mutmaßlicher Faktor in diesen Wahlergebnissen ist eben die Unzufriedenheit vieler Deutschen mit der Ampelregierung. Und vor allem bei jüngeren Menschen ist vielleicht auch die erhöhte Präsenz von der AfD und der Linken auf Social Media wichtig. Die AfD betreibt schon seit Langem Politik auf Plattformen wie TikTok.

Und auch die Linke geht auf Social Media viral – so erreichte eine wutentbrannte Rede von Heidi Reichinnek gegen das Abstimmen der CDU zusammen mit der AfD Millionen von Menschen auf TikTok und co. In Umfragen kam die Linke auf bis zu neun Prozent; seit Anfang des Jahres 2025 gewann sie laut eigenen Angaben rund 43.250 neue Mitglieder hinzu.

 

Koalitionsmöglichkeiten

Eigentlich gibt es nur eine Koalition, die sowohl eine parlamentarische Mehrheit hätte und auch nicht bereits vorher schon ausgeschlossen wurde: Die Große Koalition zwischen Union und SPD. Diese Koalition bestand zuletzt von 2013-2021, im dritten und vierten Merkel-Kabinett. Jedoch fürchten viele, dass diese Koalition durch die scharfen, gegenseitigen Angriffe im Wahlkampf erschwert werden könnte.

Die anderen beiden nicht ausgeschlossenen Koalitionen wären Schwarz-Grün (Union und Grüne) sowie ein rot-rot-grünes Linksbündnis zwischen SPD, Grünen und Linken. Diese können mit jeweils 293 und 269 Sitzen jedoch keine parlamentarische Mehrheit erreichen.

Eine weitere Koalition, die eine Mehrheit bekäme, wäre zwischen Union und AfD. Diese wird zwar momentan durch die sogenannte Brandmauer ausgeschlossen – doch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte bereits im Januar gezeigt, dass er zumindest bereit ist, in manchen Fragen gemeinsam mit der AfD abzustimmen.

Dennoch begannen Gespräche zu einer möglichen Großen Koalition bereits Ende Februar; diese Variante scheint wohl am plausibelsten.

 

Demokratiegefährdung

Es lässt sich nicht abstreiten, dass die deutsche Politik im Laufe der letzten Jahre einen deutlichen Rechtsruck durchlaufen hat. So äußern sich führende Politiker offen positiv zum Thema Remigration; in Fernseh-Duellen streiten sich die Kanzler-Kandidaten darum, wer mehr Migranten abschieben wird. Vorschläge der CDU und AfD zur Verhinderung des Familiennachzugs und der „Remigration“ von Ausländern verletzen unter anderem das Flüchtlingsrecht der Europäischen Union.

Sowohl die rechtskonservative CDU als auch die rechtsextreme AfD haben innerhalb der letzten Legislaturperiode einen Aufschwung erhalten. Vor allem letzteres ist besorgniserregend, denn die AfD gilt seit 2021 als gesichert verfassungsfeindlich.

Gleichzeitig macht sich vor allem eins im Wahlkampf deutlich: Die Politik wird emotionaler. Viele Politiker argumentieren auf postfaktischer Ebene und greifen mit ihren Argumenten eher nur die Gegner an, als tatsächlich ihre eigene Position zu untermauern. Das dies in einer demokratischen Gesellschaft nicht auf lange Zeit tragbar sein kann, ist wohl selbstverständlich.

 

Fazit

In dieser Wahl zeichnet sich mehr und mehr die verstärkte Polarisierung der deutschen Gesellschaft ab. In den Massenmedien wird der Wahlkampf immer vehementer und polemischer geführt; die Schere zwischen Arm und Reich wächst immer mehr. Uns stehen turbulente Zeiten bevor – lasst uns hoffen, dass wir sie trotzdem als Gemeinschaft durchstehen können.

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